POP! BASICS - Zusammenhänge in der Musikwirtschaft

Immer wieder tauchen die Fragen bei uns auf: "Brauchen wir ein Label?", "Was macht ein Verlag nun wirklich?", "Ist die GEMA jetzt gut oder schlecht?" "GVL? Nie gehört!"
Die Verbindungen sind komplex, aber einmal verstanden erklärt sich fast alles von selbst. Aber wie hängen Urheber:innen, Interpret:innen, GEMA, GVL Labels und Verlage denn nun eigentlich zusammen? Hier eine Übersicht:

Im Grunde unterscheiden wir zwei Stränge: Links geht es um die "formlosen" Lieder an sich, geschrieben von Komponist:innen, Textdichter:innen und Bearbeiter:innen, letztlich als Urheber:innen zusammenfasst. Diese persönliche, geistige Schöpfung wird durch das Urheberrecht geschützt. "Zu Geld gemacht" wird sie durch die GEMA, die die Musiknutzer:innen für die öffentliche Wiedergabe zur Kasse bittet und diese Einnahmen an ihre Mitglieder ausschüttet. Diese sind die genannten Urheber:innen und aber auch Verlage. Letztere übernehmen die kommerzielle Verwertung des Songmaterials. Dafür binden sie zunächst Urheber:innen und oder deren Songs vertraglich an sich und versuchen daraufhin die Werke medial unterzubringen. Das heißt in Filmen, Werbungen, Serien, Beiträgen, Videospielen etc. Wenn die Urheber:innen allerdings nicht selbst performen, wird im ersten Schritt zunächst die passende Interpret:in gesucht, um den Song ggf. mit Hilfe von Produzent:innen aufzunehmen. Die fertigen Stücke werden anschließend von Labels vertrieben, wobei an deren Stelle heutzutage sehr häufig sog. Content-Aggregatoren treten, die sich gegen eine geringe Bezahlung um die Auslieferung der Musik zu den üblichen Streaming-Plattformen kümmern. Werden die Studioproduktionen danach in Funk und Fern verwendet, wird über die GEMA ein Teil der Gebühren an die GVL weitergeleitet, die wiederum ihre Mitglieder - an den Aufnahmen beteiligte Personen und Labels - dafür entlohnt. Geschützt wird deren Beitrag durch das sog. Leistungsschutzrecht, ein verwandtes Schutzrecht, welches ebenfalls im Urheberrecht verankert ist. Da der Vertrieb von Musik alleine heutzutage oftmals nicht mehr genug abwirft, existieren mittlerweile sehr viele Verlag-Label-Hybride, die beide Seite der Musikwirtschaft bedienen und auswerten. In diesem Falle spricht man oft von einem 360° Angebot bzw. von 360° Deals.

Wir schauen uns die einzelnen Blöcke genauer an:

Urheber:innen

Wir haben hier bereits einen vollständigen Artikel zum Thema Urheberschaft veröffentlicht. Zusammengefasst gibt es drei Gruppen von Urheber:innen, also Menschen, die die Songs schreiben: Komponist:innen, Textdichter:innen und Bearbeiter:innen. Bei Bands stellt sich mitunter die Frage, wer nun tatsächlich mitgeschrieben hat? Speziell dann wenn es um die Anmeldung des Werks bei der GEMA, also letztlich um Geld geht. Hier müsste rein theoretisch überprüft werden, ob der jeweilige Beitrag eine gewisse Schöpfungshöhe erreicht. Beispielsweise erreichen die vier Standard-Akkorde alleine diesen Grad der Originalität nicht. In Kombination mit Melodie und Text allerdings möglicherweise schon. Ebenso verhält es sich mit den meisten Standard-Beats, Basslines, Gitarren-Licks etc. Daher muss individuell überprüft werden, wie unverzichtbar die einzelnen Elemente für das Gesamtwerk sind. Wir empfehlen an dieser Stelle jedoch einen bandinternen Deal zu finden, sofern der Song gemeinsam ausgearbeitet wird.

Mittlerweile ist es im Popularmusikbereich üblich, dass mehrere Autor:innen an einem Song beteiligt sind. Verlage schließen sich zusammen und organisieren sog. Songwriting-Camps. Dorthin werden verschiedene Verlagsautoren und freie Songwriter:innen geschickt, um gemeinsam und in wechselnden Kombinationen Stücke für andere Interpret:innen zu schreiben. Davon erhofft man sich höhere Erfolgschancen und natürlich auch qualitativ hochwertige Songs. Oftmals werden dafür im Vorfeld Pitches von Labels gesammelt, d.h. Ausschreibungen für Künstler:innen, die auf der Suche nach neuen Songs sind. Manche Camps schreiben sogar dediziert nur für einen Act. Daneben gibt es natürlich noch unzählige andere Formen von sog. Co-Writes bzw. Co-Writing-Sessions. Viele Interpret:innen sind selbst am Songwriting beteiligt, holen allerdings sporadisch weitere Schreiber:innen dazu.

In den seltensten Fällen werden Urheber:innen im Vorfeld für ihre Arbeit bezahlt. Zwar werden Reisekosten übernommen und von Verlagen oftmals Vorschüsse (siehe unten, Verlag) gezahlt, die einzige Einnahmenquelle sind trotzdem GEMA-Tantiemen. Ist ein Song nicht erfolgreich, sprich wird nicht aufgeführt, nicht im Radio gesendet und nur moderat gestreamt, so bleibt für die Songwriter:innen fast nichts übrig.

Interpret:innen

Die ausführenden Musiker:innen auf der Bühne und im Studio fasst man als Interpret:innen zusammen. Oftmals sind Interpret:innen und die Urheber:innen identisch bzw. schreiben in Form von Co-Writings selbst am Song mit. Dadurch stehen ihnen auch ein Teil der GEMA-Einnahmen zu. Interpret:innen, die nicht am Songwriting, aber an den Aufnahmen beteiligt waren, können über ihre GVL-Mitgliedschaft mitverdienen. Dies ist besonders wichtig für Gast- oder Studiomusiker:innen, die darüber hinaus nicht an Livegagen, Lizenzeinnahmen durch Streams etc. beteiligt sind. Beide sind neben dem Verkauf von Merchandise-Produkten die Haupteinnahmequellen für Interpret:innen.

Produzent:innen

Gemeint sind hier die künstlerischen Produzent:innen, die mit dem Act im Studio stehen, Soundentscheidungen (mit)treffen, Songwriting-Ideen einbringen, das Arrangement beeinflussen, um insgesamt das Maximum aus Künstler und Material herauszuholen. Heutzutage sind Produzent:innen oftmals Alleskönner, d.h. haben ihr eigenes Studio, sind Engineer, Mixer etc. in einem. Die Grenzen sind mittlerweile fließend. Der Vollständigkeit halber muss erwähnt werden, dass es neben dem "künstlerischen Produzenten" auch noch den "exekutiven Produzenten" gibt. Dieser ist klassisch Organisator:in im Hintergrund, hält alle Fäden in der Hand, kümmert sich um Finanzierung und Durchführung und stellt das Team zusammen. Oftmals spricht man dabei auch von einem "Manager", wobei der Executive in der Theorie über dem Manager steht. Diese Begrifflichkeiten sind allerdings alle nicht geschützt: Jede/r kann alles sein. Das Ziel bleibt immer dasselbe. Nämlich ein erfolgreiches Musikprojekt zu schaffen. Dabei sind Aufnahmen (Bild und Ton) unabdingbar.

Heutzutage wird Musik vornehmlich elektronisch produziert. Das heißt verkürzt: Computer, Software, Kopfhörer, Midi-Keyboard, Mikrofon und Audio-Interface. Mehr benötigen viele aktuelle Pop- und Chartsongs nicht mehr. Moderne Digital Audio Workstations (DAWs), wie Logic, Cubase, Ableton Live, Pro Tools etc. bringen von Haus auf alle nötigen Effekte und Tools zur Audiobearbeitung mit. Seien es Kompressoren, Hall- und Raumeffekte und Werkzeuge zur Stimmbearbeitung, alles ist an Bord. Virtuelle Soundbibliotheken mit Abbildungen von buchstäblich jedem existierenden Instrument können mit Hilfe eines MIDI-Keyboards angesteuert und damit sozusagen gespielt werden. Schlagzeug? Kein Problem! Trompeten? Nichts leichter als das! Und selbst wenn man nichts selbst einspielen möchte, findet man unzählige Soundvorlage, Samples und Loops, um seine eigenen Songs daraus zu basteln. Lediglich ein Mikrofon wird benötigt, damit die Stimme der Sänger:innen eingefangen werden kann. Zur Übersetzung des analogen Gesangs in ein digitales Signal und umgekehrt benötigt man zusätzlich ein Audio-Interface. Diese haben in den letzten zehn Jahren einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht. Wurden Homerecordings damals noch oft für die magere Qualität belächelt, so sieht es mittlerweile gänzlich anders aus. Nicht wenige Hits der letzten Jahre sind in den heimischen Schlafzimmern der Künstler:innen entstanden, auch wenn die finalen Mixes und Masters oftmals von Profis und in entsprechend optimierten Studios angefertigt wurden. Trotzdem kann festgehalten werden, dass es noch nie so einfach und günstig war qualitativ hochwertige Musik zu produzieren wie heute.

Verlage

Verlage sind die großen Unbekannten im Musikgeschäft und werden fälschlicherweise oft Synonym mit Labels verwendet. Allerdings verwerten sie im Gegensatz zu Plattenfirmen keine Aufnahmen, sondern das formlose Werk an sich. Das heißt Musik, Melodie, Text, Reihenfolge usw. Klassisch gesehen zählte der Notendruck zu den Hauptaufgaben von Musikverlagen - eben analog zu anderen Verlagstypen. Nachdem im Popbereich u.a. durch das Internet die Nachfrage an gedruckten Noten massiv zurückgegangen ist, konzentrieren sich Verlage aktuell auf die Zweit- und Drittverwertung von Songmaterial. Das heißt sie fokussieren sich vereinfacht auf kommerzielle Nutzungen ihrer Werke nach der Veröffentlichung auf CD / Vinyl oder den Streaming-Plattformen (Erstverwertung). Beispiele dafür wäre die Einbindung von Musik in Werbungen, TV, Filmen, Videospielen et cetera. Die Kopplung von Bild und Ton wird umgangssprachlich auch "synching" genannt und ist ein äußerst lukratives Geschäft. Damit es überhaupt "Ton" gibt, suchen Verlage zunächst nach Material respektive neuen Autor:innen. Diese werden häufig exklusiv an den Verlag gebunden. Das heißt alle neuen Werke fließen automatisch in das Repertoire des Verlags ein. Sofern der/die Autor:in nicht selbst auch Interpret:in ist, versucht der Verlag hier jemanden zu finden, der oder die den Song aufnimmt und im besten Falle live performed. Oftmals wird daher die Nähe zu Labels gesucht. Es wird also - stark vereinfacht - mit Liedern gehandelt. Entsprechend stammt der größte Teil der Verlags-Einnahmen aus GEMA-Erlösen, bei der alle Verlage Mitglied sind.

Wie oben bereits skizziert leben Autor:innen lediglich von GEMA-Einnahmen, die an feste Ausschüttungstermine gebunden sind. Um diese Zeit zu überbrücken und um Autor:innen fest an sich zu binden, zahlen Verlage häufig Vorschüsse auf zu erwartende GEMA-Tantiemen. Diese Zahlungen sind allerdings nicht selten an eine Mindesteinbringmenge an Songs pro Jahr geknüpft und können ausschließlich mit GEMA-Einnahmen zurückgezahlt werden. Das hat zur Folge, dass sich die Verträge automatisch so lange verlängern, bis alles zurückgezahlt aka "recouped" ist. Resultierend sind Exklusivautor:innen mitunter über Jahre an einen Verlag gebunden, wodurch auch alle neuen Songs in das bestehende Repertoire übergehen. Das kann sich als problematisch erweisen, wenn man den Verlag wechseln und oder einen neuen Vorschuss aushandeln möchte. Zudem setzen immer mehr Labels darauf auch die Verlagsanteile zu bekommen. Wenn diese nicht verfügbar sind, sinkt das Interesse potentieller Label-Partner.

Außerdem zahlt man den Vorschuss nicht mit den vollen 100% der GEMA-Einnahmen zurück, sondern lediglich mit dem eigenen Anteil. Die Verteilung ist zwar nicht gänzlich unveränderlich, allerdings sieht der Verteilungsplan der GEMA eine Aufteilung von 8/12 für Urheber:innen und 4/12 für Verlage im Aufführungs- und Senderbereich vor. Das heißt, jedes Mal wenn ihr eure Songs live spielt bekommt euer Verlag 33,34% der GEMA-Einnahmen. Bei CD- und Vinylpressungen sind es sogar 40%. Entsprechend müsst ihr für euch kalkulieren, ob ein Verlag so viel mehr für euch herausholt, als er letztlich kostet. Sicherlich sind Vorschusszahlungen interessant und bringen eine gewisse Sicherheit in das unstetige Leben von Songwriter:innen, allerdings handelt es sich umgedreht auch nur um einen Kredit mit extrem hohen Zinsen. Der einzige Vorteil ist, dass man ihn nicht zurückzahlen muss, wenn man sich morgen entschließt keine Musik mehr zu machen.

Letztlich bleibt zu sagen, dass man bei Verlagen auf jeden Fall doppelt überprüfen muss, ob und wie viel Sinn eine Zusammenarbeit macht. Viele unseriöse Verlage nehmen alles unter Vertrag, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, krümmen keinen Finger für euch und kassieren buchstäblich ewig lange, wenn eure Songs genutzt oder gespielt werden. Die gesetzliche Schutzfrist beträgt nämlich 70 Jahre nach dem Tod der Autor:innen. So lange verdienen Verlage an euren Songs. Ein Kompromiss sind Einzeltitel-Verträge den denen nur die Rechte von ausgewählten Titeln an der Verlag übergehen. Diese unterliegen dann zwar ebenfalls der gesetzlichen Schutzfrist, allerdings sind die Autor:innen nicht gebunden. Liefert der Verlag nicht ab, dann werden einfach keine weiteren Songs mehr eingebracht.

Das Argument, dass Verlage zudem die langweilige Büroarbeit bzw. die Administration übernehmen stimmt sicherlich zu einem gewissen Grad. Ihr bekommt aber keinen Cent weniger, wenn ihr gewissenhaft eure Abrechnungen selbst  überprüft und falls notwendig Fehler bei der GEMA reklamiert.

Kurz gesagt: Lasst euch nicht verarschen :). Es gibt wirklich super Verlage, die immens viel für ihre Autor:innen bewirken. Aber es gibt leider auch viele Abzocker, die aus der Unwissenheit vieler Newcomer Profit schlagen wollen. Falls ihr euch unsicher seid, schreibt uns gerne eine Nachricht.Vertragstypen: Autorenexklusivvertrag // Einzeltitelvertrag

GEMA

Eine detaillierte Übersicht über die GEMA findet ihr in unserem Artikel POP! BASICS #1 – Die GEMA für Musiker:innen.

Kurz gesagt: Die GEMA ist eine Verwertungsgesellschaft, die für Urheber:innen und Verlage Geld von Musiknutzer:innen einsammelt, wenn sie GEMA-Repertoire verwenden. Nutzer:innen sind alle, die Musik öffentlich wiedergeben, spielen, senden, veröffentlichen usw. Also Clubs, Konzertveranstalter, der Einzelhandel, Radios, TVs, Webseiten, Demonstrationen (ja!), Bars, Kneipen, Frisörsalons ... - die Liste ist lange. Viele davon haben Pauschalverträge, zahlen also einmalig pro Jahr für Musiknutzung. Andere zahlen dediziert zum Beispiel nach Besucherzahl, Kartenverkäufen oder Produktionskosten. Falls ihr etwas veranstalten wollt und dabei Hilfe benötigt, meldet euch gerne bei uns direkt. Denn das Tarifsystem ist relativ undurchsichtig und starr. Ebenso ziert sich die GEMA nicht zusätzlich zu den bereits knackigen Tarifen Strafgebühren zu verlangen, wenn Veranstaltungen nicht angemeldet und oder zu spät abgerechnet werden. Die laute Kritik von dieser Seite ist also durchaus berechtigt. Außerdem werden auch die Urheber:innen selbst zur Kasse gebeten, wenn sie beispielsweise eigene Songs auf CD pressen wollen, die bei der GEMA gemeldet sind.

Dennoch ist die Verwertungsgesellschaft für viele Musiker:innen eine wichtige, manchmal sogar die einzige Einnahmequelle. Bei aller Kritik darf dieser Punkt keineswegs nicht ausgespart werden. Falls ihr weitere Informationen oder Hilfe beim Mitgliedsantrag benötigt, lasst es uns gerne wissen oder schaut hier vorbei.

Wichtig: Verwertet wird das Lied an sich, also die geistige persönliche Schöpfung der Urheber:innen, nicht die Aufnahme. Wenn also eine Cover-Band fremdes Material performed, so fallen ebenso Gebühren an, die letztlich zu den Originalurheber:innen zurückfließen.

Ganz wichtig: DIE GEMA SCHÜTZT KEINE WERKE!!! Nur ein Notar schützt euch garantiert.

GVL

Die GVL steht oft im Schatten der GEMA, da diese auch stellvertretend für beide das Geld eintreibt und somit auch abrechnungstechnisch im Vordergrund steht. Im Grunde übernimmt die GVL dieselbe Aufgabe wie die GEMA, nur eben auf der Seite der Leistungsschutzrechte. Das heißt anstelle Geld für die Nutzung von geistigem Songmaterial einzutreiben, kümmert sich die GVL um die Entlohnung der ausführenden Musiker:innen, Produzent:innen und Labels, die an der Herstellung Musik-Aufnahmen beteiligt sind. Dadurch entfällt der Live-Bereich bei Auswertung. Für jede sog. Sendeminute gibt es allerdings Geld. Auf diese Weise partizipieren zum Beispiel Studiomusiker:innen am Erfolg eines Songs, die sonst nicht Teil des Acts sind und daher keine Konzertgagen, Lizenzerlöse und GEMA-Anteile erhalten. Die Mitgliedschaft ist bei der GVL übrigens kostenlos, während sie bei der GEMA im Jahr 50€ kostet. Es schadet also nicht, wenn man sich dort anmeldet.

Für Labels ist die GVL die erste Anlaufstelle, da diese in Deutschland die Labelcodes vergibt.

Labels

Plattenfirmen sind klassisch gesehen Tonträgerhersteller, d.h. sie finanzierten die extrem teuren Studioaufnahmen, übernahmen die Pressung von Tonträgern und zumeist auch den Vertrieb (samt Promotion) dieser, wobei Letzteres häufig outgesourced wurde und wird. Die Künstler:innen werden anschließend mit einem kleinen Prozentsatz an Verkaufs- bzw. Streamingerlösen beteiligt, haben dafür aber ein geringeres finanzielles Risiko. Mit dem Einbruch von CD-Verkäufen Anfang der 2000er und der jahrelangen Talfahrt mussten sich viele Labels neu erfinden und bisherige Herangehensweisen komplett überdenken. Üppige Produktionskostenvorschüsse sind daher eine Seltenheit geworden, stattdessen ist Risikominimierung angesagt. Bands und Musiker:innen müssen häufig in Vorleistung gehen und mit fertigen Aufnahmen vor der Tür stehen, damit überhaupt jemand die Klingel hört. Denn während vor zwei Jahrzehnten CD-Verkäufe alleine auch kleine Labels über Wasser halten konnten, so werfen Streams heute oft zu wenig ab, um sich lediglich darauf fokussieren zu können. Aus diesem Grund haben sich etliche Hybridformen entwickelt: Labels übernehmen häufig auch die Verlagsarbeit, verbuchen ihr Acts teilweise selbst und vertreiben Künstler:innen-Merchandise. Oft sind sie auch an Gagen und sonstigen Honoraren beteiligt, weswegen man hier von einem 360°-Deal spricht. Diese Vertragskonstellation kann für die Acts undankbar sein, da man sich sehr stark an einen Partner bindet, entsprechend relativ viel Einfluss von außen zulassen muss und natürlich überall einen Teil der eigenen Einnahmen abgibt. Auf der andere Seite hat man im besten Falle einen starken Partner in alle diesen Bereichen an Bord.

Viele erfolgreiche Labels agieren eher als Lifestyle-Kollektiv, bei der Musik zwar ein sehr große Rolle spielt, jedoch nicht die einzige. So werden gemeinsame, label-umspannende Aktionen, Tourneen, Videoreihen, Designs, Kampagnen, Merchandise-Sales etc. geplant, die auch das Label als Marke etablieren sollen. Eine solche Zusammenarbeit, gepaart mit eine fairen Vertragskonstellation, kann auf jeden Fall empfohlen werden. Ansonsten stellt sich die Frage, ob man heutzutage noch dringend ein Label benötigt? Es ist so günstig und einfach wie noch nie Musik aufzunehmen, zu veröffentlichen (siehe Wie kommt meine Musik zu Spotify, Apple Music, Deezer, Amazon etc. ?) und zu bewerben. Ein Blick in die Single-Charts der letzten Monate zeigt unzählige Acts, die ohne bzw. mit eigenem DIY-Label große Erfolge feiern. Es geht also auch auf jeden Fall ohne. Gerade Newcomern (egal, welchen Alters) raten wir daher möglichst viel selbst zu machen und das möglichst lange. Denn die Erwartungshaltung, die auch oft an uns herangetragen wird, dass Labels alles übernehmen und man sich dann nur aufs Musik machen konzentrieren kann, ist schlichtweg falsch. Selbst bei Künstlerexklusivverträgen mit den Major Labels (Warner, Sony, Universal) ist dies nicht der Fall, auch wenn man hier natürlich weniger Risiko trägt. Man sollte sich also immer zwei Punkte vor Augen führen:

1) Man darf und kann seinen eigenen Erfolg bzw. das eigene Wachstum nicht von einem Label abhängig machen. Sonst beschneidet man sich unnötig selbst, solange man noch kein Label hat. Außerdem wird die Enttäuschung umso größer ausfallen, wenn man dann schließlich irgendwo untergekommen ist.

2) Wofür brauche ich überhaupt ein Label? An welchem Punkt komme ich tatsächlich selbst nicht weiter? Was kann ich tatsächlich nicht alleine machen? Falls ihr dazu fragen habt, schreibt uns gerne eine Nachricht :).Viele Labelservices kann man übrigens auch direkt einkaufen, ohne eine Vertragskonstellation einzugehen. Beispielsweise hier. Aber wie gesagt, notwendig ist das alles nicht.

An dieser Stelle möchten wir eine etwas ausgelutschte Metapher bemüht : Ein gutes Label kann dir Türen öffnen, die du selbst nicht öffnen kannst. Durchgehen musst du allerdings noch immer selbst. Arbeit sparen wird dir ein Label nicht. Eher im Gegenteil. Außerdem werden mit steigender Reichweite die Interessenten von selbst ankommen. Macht euch also keinen Stress wegen eines Labels, sondern kümmert euch beispielsweise lieber um eine lebhafte Internetpräsenz, bindet Hörer:innen an euch und wachst organisch. Abkürzungen gibt es auf dem Weg zum Erfolg keine.

 

Vertragstypen:

Bandübernahme-Vertrag: „klassischer“ Plattenvertrag Künstler:in geht in Vorleistung, finanziell und kreativ (manchmal gibt es Produktionskosten-Vorschuss) Übergibt fertiges „Masterband“ an Label Label vertreibt das fertige Produkt und beteiligt Künstler Beteiligung höher als beim KEV, 15-25%, Online z.B. 50/50 je nach Verkaufszahl staffelnd höher „Punkdeals“, Einnahmen werden anteilig verrechnet, danach 50/50. Künstlerexklusivvertrag: „Popstar-Vertrag“ Label entscheidet und finanziert stark vereinfacht gesagt alles Einnahmenbeteiligung des Künstlers wesentlich geringer (oft 5-10%) Kreative Freiheit deutlich eingeschränkt 360° Deals oftmals inbegriffen, d.h. Label bekommt zusätzlich Verlags-, Gagen- und Merchandise-Anteile Künstler:in hat allerdings kein Risiko

Musterverträge findet ihr u.a. hier.


Weiterführende Links:

https://www.gema.de/

POP! BASICS - Zusammenhänge in der Musikwirtschaft

POP! BASICS #1 – Die GEMA für Musiker:innen

POP! BASICS #2 – GEMA-Kalkulator für Muskiker:innen

POP! BASICS #3 – Werkanmeldung bei der GEMA – Wer ist Urheber?

POP! BASICS #4 – Cover oder Bearbeitung? Sample? Remix?